Bin ich nur ein Gott, der nahe ist,

spricht der HERR,

und nicht auch ein Gott, der ferne ist?

Jeremia 23,23

Liebe Leserin, lieber Leser,

Im 23. Kapitel des Jeremiabuches geht es um wahre und falsche Propheten. Zeitlich befinden wir uns im 5. und 4. Jahrhundert vor Christus in Juda, dem kleinen Königreich im Süden des heutigen Israel. Der Prophet Jeremia wird von Gott zum Propheten berufen.

Gott hat dem Propheten mit seinem Auftrag viel zugemutet: Gott nimmt diesen jungen Mann in seinen Dienst, um sein Volk vor einer drohenden Katastrophe zu bewahren.

Das kleine Königreich sah sich von den Großmächten Assyrien, Ägypten und Babylonien bedroht und stand vor der Frage, mit wem es sich verbünden sollte, um bestehen zu können. Die führenden politischen Kreise versuchten, auf politische Bündnisse zu bauen und zu vertrauen und nicht auf die Macht und Fügung Gottes. Dagegen erhebt Jeremia im Auftrag Gottes seine warnende Stimme. Er wendet sich damit gegen andere, selbsternannte Propheten, die das Heil verkünden und den König in seiner Politik vorbehaltlos unterstützen.

Gott ist nicht nur ein naher, fürsorglicher Gott, der den Menschen dient, sondern auch ein eifernder, fordernder Gott. Das hat sein Volk in seiner Geschichte schmerzlich erfahren müssen. Das verkündet Jeremia. Er will aufrütteln und warnen vor der Gefahr, die in der Gottvergessenheit lauert. Ein Gott, der auch auf Distanz zu seinem Volk geht, wenn dieses Volk ihn verlässt. Das Vertrauen auf irdische Mächte statt auf die Macht Gottes und die Weigerung, auf Gottes Botschaft zu hören, hat dieses Volk damals schließlich in die Katastrophe geführt: Es wurde ins Exil nach Babylon deportiert und Jerusalem mit seinem prächtigen Tempel zerstört.

Wo sind diese Worte für uns heute aktuell? Gott hat im Alltag vieler Menschen keinen Platz mehr. In den meisten Fällen wird er nicht bewusst ausgeklammert, es passiert einfach, dass andere Dinge wichtiger sind und man mehr auf andere Stimmen hört als auf die Stimme Gottes, z.B. beim Lesen der Bibel. Morgens schläft man, so lange es geht. Abends fällt man erschöpft ins Bett. Tagsüber nehmen einen Beruf, Familie, Ehrenämter sehr in Anspruch.

Am Sonntagmorgen möchte man ausschlafen. Alles verständlich und nachvollziehbar. Der Mensch erwartet von Gott, dass er ihn in seinem Denken und Sein bestätigt, dass er immer da ist, wenn man ihn braucht, aber sonst nichts fordert oder Ansprüche stellt.

Auch ohne Gott können wir unseren Alltag gut bewältigen. Das kann dazu führen, dass auch gläubige Menschen immer mehr den Bezug und Kontakt zu Gott verlieren und rein „technisch“ gesehen in die Gottesferne geraten. Wenn dann aber etwas „Schlimmes“ passiert wie Krankheit, Leid oder Ungerechtigkeit, dann sitzt der „liebe Gott“ schnell auf der Anklagebank.

Der Prophet Jeremia steht mit seiner ganzen Existenz für die Wahrheit Gottes ein. Diejenigen, die Aufsehen erregen, die von sich reden machen, die sich als Heilsbringer ausgeben und damit viel Geld verdienen, erweisen sich als falsche, verführerische Propheten, die diesen Namen nicht verdienen.

Wir dürfen auch heute auf Gottes Stimme hören, denn er spricht auch heute, wie er in Jesus Christus zu den Menschen gesprochen hat, besonders in der Verkündigung und im Lesen der Bibel.

Die Gottesferne, wie sie Jeremia beschreibt, bedeutet für uns aber auch: Gott vertrauen, auch wenn er scheinbar schweigt. Wenn das Navigationsgerät nichts sagt, fahren wir weiter auf der Vorfahrtsstraße und denken selten darüber nach. So können wir es auch halten, wenn wir Gott als unser Navi sehen: wenn er nicht spricht, weiter geradeaus.

In Jesus Christus hat Gott die Distanz überwunden. Er ist den Menschen nahe gekommen, hilft zu unterscheiden, was Wahrheit und was Lüge ist: „Ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben“. Er ermutigt uns, nicht auf falsche Versprechungen zu vertrauen, sondern auf den lebendigen Gott. Auch wenn er uns manchmal fern scheint.

Wer ihn erfahren hat, weiß: Das ist mehr als Glück, das ist Seligkeit! Und das Schöne ist: Jeder von uns kann diese Seligkeit erfahren.

Viele Grüße
Matthias Kasemann

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